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was ist kunst?

was ist kunst? durch kunst spricht die vergangenheit zu uns. mit der kunst tragen wir ein stück gegenwart in die zukunft. kunst ist ein mittel der kommunikation. sie formuliert und stellt dar, was nicht direkt gesagt werden darf oder kann. sie wechselt ihre erscheinungsformen – von gedanken und ideen, von real zu virtuell. kunst ist das innere bedürfnis und verlangen nach ausdrucksmöglichkeit. sie vereint unzufriedenheit und befriedigung, verbunden mit zahllosen neuanfängen und dem ziel der veränderung oder verbesserung. kunst ist arbeit mit dem unbekannten und der unbestimmtheit. für die einen freiheit, für andere beliebigkeit. kunst erfordert mut dem eigenen eindruck zu vertrauen und der eigenen betrachtung nach zu urteilen. kunst ist, was man nicht erklären kann sondern selber sehen und fühlen muss.

karin keller begibt sich in ihren arbeiten immer wieder in den zustand des umstrukturierens und bewegt sich dabei zwischen routinierter wahrnehmung und abenteuerlicher neukonstruktion.
das zitat: „ich spreche mit meiner hand, du hörst mit deinen augen“ (, verdeutlicht in besonderer weise, wie wichtig es ist, alle sinne immer wieder aufs neue zu schärfen, damit die sensibilität erhalten bleibt und sogar gesteigert wird. dazu gehört beziehungen und strukturen zu erfühlen, zu erkennen und zu reflektieren, innere und äußere wahrnehmungen zu verknüpfen und dieser dann, durch farbe und material, ausdruck und form zu geben – spontan oder bewusst. dingen und themen durch assoziationen ein neues, ästhetisches eigenleben zu verschaffen, ist, wie karin keller selbst sagt, ein wichtiges anliegen ihrer künstlerischen arbeiten. materialien wie farbe, asche, sand, fotografien, mörtel, gips, rost, watte, mull, gaze, sackleinen, wolle, blei, gummi oder plastik, sollen den implizierten ausdruck verstärken, aber auch die neugier und lust am ausprobieren verdeutlichen.

sich treiben lassen und abarbeiten – mit allen kräften und faktoren, die am zustandekommen einer arbeit beteiligt sind – und vor allem die anerkennung von eigenwilligkeit und eigengesetzlichkeit der materialien, und diese frei miteinander spielen zu lassen, sprechen so aus ihrem bisherigen werk, das seit nunmehr über drei jahrzehnten im entstehen ist.

julia ruge


musik sehen – klangbilder der natur

die idee zu tschaikowskys „jahreszeiten“ ist dem petersburger verleger nikolaj bernard zu verdanken. im november 1875 bat er tschaikowsky, als musikbeilagen für die zwölf ausgaben seiner zeitschrift “nouvelliste”, jahreszeitlich passende klavierstücke zu komponieren. bernard hatte aber nicht nur den gesamttitel des zyklus und die titel der einzelnen stücke vorgegeben, er stellte ihnen auch jeweils einige zeilen aus gedichten bekannter russischer lyriker zur seite, die mehr oder weniger assoziativ mit den titeln der kompositionen harmonieren. offenbar wählte bernard die epigramme aber erst nach der komposition der stücke aus – man darf sie also nicht als literarische vorlage oder gar als programm der kompositionen verstehen. die zwölf von tschaikowsky komponierten charakterstücke, in denen er versucht, typische stimmungen und szenarien der jeweiligen monate einzufangen und musikalisch umzusetzen, sind das ergebnis.
diese „jahreszeiten“ waren anregung, farben, strukturen und kompositionen der natur mit den künstlichen kompositionen meiner arbeiten zusammen zu bringen. dazu habe ich monate und jahreszeiten in unserem garten fotografisch festgehalten, die ergebnisse mit alten und neuen fotoarbeiten zusammen gebracht und zu dem thema „musik sehen, klangbilder der natur“ vereint.

clemens werth


säulen

die säule symbolisiert stabilität und festigkeit. eine tragende kraft, eng mit der baumsymbolik verbunden, als basis oder wurzel. durch den aufrechten stand wird sie auch als verkörperung der menschlichen gestalt empfunden. eine säule kann für herausragendes, großes stehen, orientierung geben oder, im übertragenen sinn, auch als stütze einer gesellschaft angesehen werden. doch was, wenn diese stützen brechen, fallen oder instabil werden und so zum ausdruck des verlustes oder der notwendigen überwindung alter, nicht mehr tragfähiger strukturen werden? vier kannelierte säulen aus gummi hinterfragen die bedeutung der säule als stützendes element, als symbolische säule der gesellschaft, religion, wirtschaft und wissenschaft.

oliver fok


kommunikation & netzwerke

briefe contra netz, das private, intime gegen das öffentliche, konzentration und ruhe gegen das flüchtige, eilige, handschrift als portrait des einzelnen gegen die masse im netz. kontinuität und wandel in der kommunikation sind thema meiner arbeiten seitdem mobilfunk und internet sich zu massenkommunikationstechniken entwickelt haben. mit den unterschiedlichen materialien der collagen und materialbilder möchte ich diesen wandel verdeutlichen. bei den schriftcollagen sollen die unterschiedlich bearbeiteten papiere, folien und textilien das intime und sensible des inhalts widerspiegeln, gips, sand und wachs es bewahren und schützen, rost auf das vergängliche verweisen. das internet, am anfang faszinierend neu, vielfach noch verstörend undurchschaubar, ist heute selbstverständlich zum ort der kommunikation geworden – öffentlich, bunt, kreativ, global. im gegensatz zu den ersten „netz“- bildern, die kleinteilig, dunkel und ausdruck des unsicheren, fremden waren, sind die bilder der letzten jahre farbiger und größer. sie sollen so die vielfältigkeit, lebhaftigkeit, das kreative und globale des internets verdeutlichen.
die materialien sind textilien, gummi und plastik. materialien, die uns so alltäglich und selbstverständlich umgeben wie das internet heute.plastik – als durchsichtige hülle, mit dem verweis auf das neue, gläserne, öffentliche – hat als material, mit seiner gleichwohl positiven und negativen bedeutung, die welt ebenso verändert wie das internet. wolle, mit seiner vertrautheit, hilft, das fremde zu überwinden. die vielfarbigkeit soll die möglichkeiten, die teilhabe und das gemeinschaftliche sichtbar machen.

julia ruge